Die Idee hinter Bitcoin einfach erklärt – Teil 2

In Teil 1 dieses Blog-Eintrages hatte ich die historischen Rahmenbedingungen, unter denen der Bitcoin-Algorithmus erfunden wurde, dargestellt und welche grundsätzlichen Probleme es zu lösen galt. Vor allem das Double Spending Problem und das Vorhandensein einer zentralen Abwicklungs- und Kontrollstelle machte uns hier Kopfzerbrechen. Lassen Sie uns nun erkunden, wie Bitcoin all diese Probleme löst.

Tatsächlich löste der Erfinder des Bitcoins, Satoshi Nakamoto, das Problem des Double Spending durch ein zentrales Kassenbuch (Ledger genannt), in dem alle Transaktionen eingetragen und verwaltet werden. Dieses Ledger wird in Form einer sog. Blockchain, also einer Kette von Blöcken verwaltet, beispielhaft hier dargestellt.

Beispielhafte Darstellung einer Blockchain

In jedem Block werden Transaktionen, also Überweisungen von A nach B, zusammengefasst und als neuer Block an die Kette angehangen. Der nachfolgende Block ist immer mit dem Vorgängerblock sicher mittels des sog. Hashwertes des Vorgängerblogs verbunden. Eine Manipulation eines der Blöcke (z. B. Löschen einer Transaktion) würde dazu führen, dass der Block kryptografisch ungültig wird (der Hash-Wert würde nicht mehr stimmen) und damit würde seine Verbindung zu seinem Vorgänger nicht mehr passen. Man müsste alle Kettenglieder neu rechnen.

Aber: Jetzt haben wir ja doch wieder eine zentrale Instanz. – Könnte man nicht einfach alles neu rechnen und somit die Kette manipulieren?

Hätten wir nur ein Ledger, dann hätten wir tatsächlich nicht viel gewonnen. Es gibt jedoch Zehntausende von ihnen und auch Ihr Rechner zu Hause könnte das Ledger herunterladen und verwalten. Jedes Ledger ist eine exakte Kopie des anderen; kommt ein neuer Block hinzu – etwa alle zehn Minuten – wird dieser an alle Ledgers der Welt weiterpropagiert. Dies dauert natürlich eine gewisse Zeit, aber dann sind alle Ledger wieder auf dem aktuellsten Stand. Es gibt somit keine zentrale Stelle, an der das Ledger liegt.

Trotzdem könnte das Ledger natürlich immer noch manipuliert und die Kette grundsätzlich neu gerechnet werden. Dann hätte man Server mit Ledger A und Server mit Ledger B. – Welches ist dann der korrekte, gültige? Und überhaupt: Wer entscheidet eigentlich, welche Überweisungen in einen Block aufgenommen und an die Kette angehangen werden?

Dies ist das eigentlich Geniale an Nakamotos Idee und das Kernstück des gesamten Verfahrens: Wer Bitcoins haben will, der muss auch etwas dafür tun! Wenn ich Gold besitzen möchte, dann muss es hierfür zuvor aus dem Berg geholt worden sein. Dieser Prozess ist aufwendig und harte Arbeit: Ich bezahle diese Arbeit, wenn ich ein Stück Gold kaufe.

Wenn ich bestimmen möchte, welche Transaktionen als Nächste in einen Block zusammengefasst werden, dann muss ich hierfür auch arbeiten und dies muss bewiesen werden (sog. Proof-of-Work-Verfahren (PoW)). Als Beweis muss eine mathematische Formel gelöst werden: Das können Computer, jedoch brauchen sie dafür Rechenzeit und Mikroprozessoren – beides ist teuer! Und nur einer gewinnt! Wer also das Rätsel als Erster löst, darf auch die Kette fortsetzen. Je mehr Leute versuchen, die Formel zu knacken, desto schneller muss man werden, also investiert man in mehr Rechner. Das System ist jedoch selbstjustierend: Je mehr Leute mit mehr Rechnern an der Lösung rechnen, desto komplexer wird das zu lösende Rätsel: Die Lösung des Rätsels dauert daher immer ca. zehn Minuten, egal, wie viele Rechner an dem Problem arbeiten. Dies ist die Ursache dafür, dass heute – umgerechnet – ganze Atomkraftwerke damit beschäftigt sind, die Energie für die Berechnung der Blockchain zur Verfügung zu stellen. Und dies ist auch der Grund, warum die Blockchain nicht kurzerhand neu gerechnet werden kann – alle Rechenkapazitäten der Welt würden hierfür nicht ausreichen.

Doch warum sollte man sich die ganze Mühe machen und so viel Zeit sowie Geld investieren? Ganz einfach: Es ist der einzige Weg, Bitcoins zu erzeugen. Wurde ein Block erfolgreich einer Blockchain hinzugefügt, erhält der Erzeuger des Blocks eine Belohnung (Reward genannt) in Form von Bitcoins, dies ist hart im Algorithmus verankert. Man spricht hier auch vom sog. Minen, also Abbauen von Bitcoins als Analogon zum Goldabbau. Beim heutigen Gegenwert von Bitcoins ein sehr lohnendes Geschäft.

Aber hat Nakamoto nicht dadurch ein ganz neues Problem geschaffen, weswegen der Prozess der Dezentralisierung erst gestartet wurde? Das klingt doch sehr nach dem Gelddrucken der Notenbanken: Alle 10 Minuten kommen neue Bitcoins hinzu, dies wäre doch sicherlich sehr inflationär!

Pro Block gab es kurz nach dem Start des Bitcoin-Netzwerkes 50 Bitcoin je erzeugten Block, alle 10 Minuten wurden also 50 Bitcoin aus dem Nichts geschaffen – klingt sehr nach der Notenpresse der Zentralbanken. Nakamoto erkannte natürlich das Problem und steuerte gegen: Alle 210.000 erzeugte Blöcke (also ca. alle vier Jahre) halbierte er algorithmisch die Belohnung (das sog. Halving): Nach 210.000 Blöcken gab es also nur noch 25 Bitcoin pro Block, nach 420.000 Blöcken nur 12,5 Bitcoin pro Block usw. Der Prozess folgt dabei folgender Formel (i = Anzahl erfolgter Halbierungen):

\[\sum_{i=0}^{32}{210.000 \cdot \frac{50}{2^{i}}}\]

Löst man die Formel auf, so ergibt sich die folgende Tabelle:

Bitcoin Halving

Man sieht, dass sich die Bitcoin-Belohnung alle vier Jahre halbiert und somit natürlich die am Tag neu erzeugten Bitcoins. Die Halbierung geht so lange weiter, bis keine Halbierung mehr möglich ist. Der eine Satoshi in der letzten Zeile (= 1/100.000.000stel Bitcoin) kann nicht weiter zerteilt werden.

Und somit hat die Erzeugung ein natürliches Ende im Jahre 2140, bis dahin ist diese jedoch stark sinkend: Mehr als 21.000.000 Bitcoin wird es nie geben. Um zu verdeutlichen, was das bedeutet: Aktuell sind bereits ca. 20.000.000 Bitcoin erzeugt worden, in den nächsten 100 Jahren kommen somit nur noch 1.000.000 dazu.

Einen weiteren Punkt muss man berücksichtigen: Damit man seine eigenen Bitcoins verwenden kann, ist ein Key für den Zugriff nötig. Viele dieser Schlüssel sind über die Jahre verloren gegangen und es gibt niemanden, wirklich niemanden, der diese Keys reproduzieren kann – ein unlösbares kryptografisches Problem. Das bedeutet aber auch: Diese Bitcoins sind für immer verloren, auch wenn es sie theoretisch noch gibt! Es existieren Stimmen, die besagen, dass aktuell hierdurch täglich mehr Bitcoins verloren gehen, als erzeugt werden.

Sie sehen, Bitcoin erfüllt viele Aspekte von Geld:

  • leicht transportierbar (digital)
  • leicht zu teilen (1 Bitcoin = 100.000.000 Satoshi)
  • haltbar (gespeichert auf Tausenden von Rechnern)
  • ist und bleibt (!) selten (max. 21.000.000 Stück)

Verbleiben die für Geld extrem wichtigen Aspekte Zahlen und Vertrauen: Da Bitcoin in Deutschland kein staatliches Zahlungsmittel ist, ist niemand zu dessen Annahme verpflichtet, das aktuelle Vertrauen erwächst nur durch eine riesige globale Community und die dahinterstehende Industrie. Allerdings erschüttern Skandale wie der Konkurs der Krypto Handelsplattform FTX das Vertrauen in die Currency. Und auch das Bezahlen an sich ist problematisch, da die Gebühren i. d. R. recht hoch sind: Für das Minen werden nämlich nicht nur Belohnungen ausgezahlt, auch Gebühren werden fällig, welche durch den Auftraggeber der Überweisung zu bezahlen sind. Diese könnten steigen, je weniger Bitcoins zukünftig ausgeschüttet werden, auch wenn aktuell versucht wird, dem durch technische Erweiterungen (Stichwort Lightning Network) entgegenzuwirken.

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